Friends

Wir haben uns gut eingelebt am New Jersey Shore. Einen wesentlichen Anteil daran haben Monika und Philip, Freunde von unseren ersten Anfängen in Amerika bis heute. Als wir vor fast 20 Jahren zurück kehrten nach Europa, hatten wir noch einige Kontakte in die neue Welt. Aber mit dem Zeitdruck des Alltags wurden diese immer weniger, bis sie schließlich abrissen.

Monika und Phillip
Monika und Phillip

Nicht so bei Monika und Philip. Sie kommen ursprünglich aus der Schweiz und sind seit mehreren Jahrzehnten in den USA zu Hause. Sie waren damals sehr hilfreich für unser Einleben in der neuen Umgebung. Ihre Kinder, einige Jahre älter als unsere, hatten manchmal das Babysitting für unsere Kinder übernommen, so dass Astrid und ich wertvolle Abend alleine haben konnten. In all den Jahren sind wir in Verbindung geblieben.

Und heute haben sie uns wieder geholfen mit ganz praktischen und nützlichen Dingen: Klappstühle für den Strand, Fahrräder für Ausflüge in der Region, einige Küchenutensilien, köstliche Farmprodukte und viele andere Details, die unsere Zeit hier verschönern. Vielen Dank! Am meisten aber genießen wir die gemeinsame Zeit. Dabei unterhalten wir uns in einem bunten Mix aus Schweizerdeutsch, Hochdeutsch und English.

Mit Freunden auf dem kleinen Deck vor unserem Appartement
Mit Freunden in der Nachmittagssonne auf dem kleinen Deck vor unserem Appartement

“Dies ist schon ein bisschen unser Zuhause.”, hat Astrid neulich gesagt, als wir unsere Sachen für einen Ausflug zusammen packten. “That’s what friends are for!“, war ihre Antwort.

Harvey und Irma

Nach einem sonnigen aber sehr windigen Dienstag zieht am Mittwoch eine Front mit heftigem Regen und Gewitter über die Insel. Die Leute sagen, dass es sich wohl um Ausläufer vom Wirbelsturm Harvey handelt, der vor etwa einer Woche in Texas und Houston verheerenden Schäden und Überschwemmungen verursacht hatte. Bei uns, viel weiter im Norden, reicht seine Kraft noch für viel Wind und Regen.

In Seaside Heights sind die Bürgersteige hochgeklappt. Der Board-Walk ist verwaist. Wo vor ein paar Tagen noch die bunte und schrille Beleuchtung der Schausteller war, spiegeln sich jetzt graue Wolken in den Pfützen. Zum Glück werden für den Rest der Woche wieder Sonne und angenehme Temperaturen angesagt.

Aber jetzt wird auf allen Fernsehkanälen über den nächsten großen Sturm berichtet. Hurrikane IRMA entwickelt sich zu einer großen Bedrohung für Florida. Diese beide Stürme sind katastrophal für die Staaten in ihrem Einzugsgebiet. Wir hören viel davon in den Nachrichten und bei Gesprächen im Coffee-Shop, und wir fühlen mit den Menschen. Auch bei uns läuft der Fernseher.

Der Kurs von IRMA ist noch nicht eindeutig ist. Falls IRMA weiter im Norden auf Land treffen wird, dann könnten wir auch an der Küste von New Jersey mehr davon mitbekommen. Immerhin haben wir inzwischen unsere Küchenausstattung soweit vervollständigt, dass wir uns warme Mahlzeiten, Tee und Kaffee machen können.

Kulturschock

Nach den Tagen in und bei New York freuen wir uns auf zwei Wochen am Meer, hoffentlich mit viel Natur und einsamen Stränden. Bei Sonnenschein und 30 Grad im Schatten erreichen wir unsere nächste Station: Seaside Heights, ein Ferienzentrum direkt am Meer vor der Küste von New Jersey.

Allerdings, heute ist Labor Day! Der erste Montag im September ist in den USA ein Feiertag, der das offizielle Ende der Ferienzeit einläutet. Entsprechend begegnet uns Seaside Heights: Die Strassen und Parkplätze sind überfüllt, auf dem Board-Walk am Strand drängen sich Menschenmassen und der Vergnügungspark ist in vollem Betrieb. So hatten wir uns das eigentlich nicht vorgestellt.

Die zweite Überraschung erleben wir beim Einchecken im Sunrise Motel. Unser Appartement ist relativ groß, sauber und funktional, aber es hat den Charme einer Wartehalle im Bahnhof. Die Möblierung ist minimal, Vorhänge oder Kissen nicht vorhanden. Zu allem Überfluss steht die Klimaanlage auf Maximalleistung und produziert gefühlte -5 Grad Raumtemperatur. Und die Küchenzeile, die wir zur Selbstversorgung gebucht hatten, zeigt komplett leere Schränke. Es gibt keine Töpfe, Pfannen, Teller oder Tassen.

Sunrise Motel in Seaside Heights
Sunrise Motel in Seaside Heights

Wir befinden uns im Status des Kulturschocks. Hier werden unsere Anpassungs- und Improvisationsfähigkeiten auf die Probe gestellt.

Später, nachdem die Klimaanlage außer Betrieb gestellt war, sitzen wir auf den beiden Stühlen vor dem Appartement in der Nachmittagssonne.  Bei einem Glas Wein aus Plastikbechern werden wir langsam etwas optimistischer, dass es hier trotzdem eine gute Zeit wird.

Am nächsten Morgen sieht die Welt schon anders aus. Wir wachen früh auf und gehen zum Strand, um den Sonnenaufgang zu beobachten. Jetzt ist der Board-Walk fast leer. Wir begegnen einigen wenigen Frühaufstehern, die mit demselben Ansinnen hergekommen sind. Wir nicken uns freundlich zu.

oard-Walk von Seaside Heights
Board-Walk von Seaside Heights, kurz vor dem Sonnenaufgang

Für die meisten Feriengäste war gestern der letzte Tag, und sie sind abgereist. Der Vergnügungspark hat für die Saison geschlossen. Jetzt herrscht am Wasser eine sehr schöne Atmosphäre.

Sonnenaufgang
Sonnenaufgang

Später machen wir einen langen Spaziergang am Strand, der sich endlos hinzieht und nicht weit von uns in ein großes Naturschutzgebiet übergeht. Es gefällt uns!

Auch die Küchensituation wendet sich zum Besseren. Auf Nachfrage an der Rezeption bekommen wir eine kleine Küchenausstattung. Das Team ist bemüht und hilfreich. “Listen honey: it is always sunny at Sunrise Motel!

 

4 Pine Tree Drive

Da wir Zeit haben – was wahrscheinlich der größte Luxus unserer Reise ist – fahren wir weiter nach Westen und in unsere Vergangenheit. Über die Route 23 North geht es nach Wayne, der Stadt, in der wir 4 Jahre gelebt haben. Der Begriff “Stadt” ist irreführend, handelt es sich doch um eine urbane Ansammlung von Siedlungen ohne ein klares Zentrum.

4 Pine Tree Drive ist die Adresse, die wir sicherlich nicht vergessen werden. Unser ehemaliges Haus zeigt sich fast unverändert. Der Wechsel damals von unserer Wohnung in Lörrach in dieses schöne Haus war eine große Veränderung. Jetzt, ungefähr 20 Jahre später, stehen wir am Straßenrand und schauen. Der Basketball-Korb, den wir aufgestellt hatten, ist verschwunden, aber sonst hat sich kaum etwas verändert. Ich sehe im Geiste die Kinder, wie sie auf Dreirad und Bobbycar den Vorplatz vor der Garage bevölkern und dabei viel Spaß haben. Es war eine gute Zeit für uns.

Der Regen hat aufgehört und gelegentlich kommt die Sonne heraus. Wir machen einen Spaziergang um  den Packanack-Lake, ein See in unserer Siedlung, der zum Joggen, Fahrradfahren und zu Spaziergängen einlud. Auch die IHM-Schule, auf der unsere Kinder waren, liegt hier an diesem See. Astrid und ich tauschen Gedanken aus über die vielen Begegnungen und Erlebnisse, die wir hier an diesem Ort hatten.

Packanack Lake, Wayne, NJ
Packanack Lake, Wayne, NJ

Dann ist der Erinnerung Genüge getan. und wir machen uns auf den Rückweg nach Weehawken und der Skyline von Manhattan. Morgen werden wir weiter fahren zur Küste von New Jersey für ein paar Tage Strand-Urlaub.

Tick Tock Diner

Ein verregneter Sonntag Morgen. Was machen wir damit? Wir entscheiden uns für ein amerikanisches Frühstück im Tick Tock Diner an der Route 3 in Clifton, New Jersey.

Frühstück im Tick Tock Diner
Frühstück im Tick Tock Diner

Dieser Ort ist eine Institution! 24 Stunden, 7 Tage die Woche geöffnet. Außen wie innen im Stil der 60er Jahre, rot, Glas und viele Spiegel. Man fühlt sich zurückversetzt in Zeiten, die wir nur aus amerikanischen Filmen kennen. Ein Frühstück hier entwickelt sich für europäische Mägen unweigerlich zu einem Brunch mit Energie für einen langen Tag. Spiegeleier, gebratene Kartoffeln, Speck und viel Ketchup. Wir haben es genossen.

Herrlich!
Herrlich!

Gegenüber auf der anderen Seite der Route 3 befindet sich das ehemalige Werksgelände von Roche Nutley. Dort waren zeitweise bis zu 6000 Menschen tätig für Forschung und Entwicklung von Medikamenten, bis Roche diesen Standort geschlossen hat. Für einige Jahre war ich einer von ihnen. Inzwischen werden Teile des Campus von der Seton Hall University für eine medizinische Fakultät genutzt.

Heute zeigen sich die Gebäude und Anlagen eingehüllt in melancholische Regenschleier, was gut passt zu meinen vielen Erinnerungen an eine turbulente Zeit an diesem Standort.

New York heißt uns willkommen

Die Reise nach Newark verlief reibungslos und nach Plan. Nur bei der Einreise am Flughafen gab es einen Schreck-Moment, als uns der Immigration-Officer nach dem Datum für unseren Rückflug fragte, wodurch klar wurde, dass wir das ESTA-Visum weitgehend ausschöpfen wollen. Das generierte eine Reihe von Fragen zu unserem genauen Reiseplan. Damit hatte der Beamte die Schwachstelle unseres Plans ziemlich schnell gefunden: Abgesehen von den ersten drei Wochen in New Jersey haben wir noch keinen. Wahrscheinlich hat unsere Ehrlichkeit (oder Astrids gewinnendes Lächeln) den Beamten dann aber überzeugt. Mit der dringlichen Ermahnung vor Ablauf des ESTA-Visums das Land zu verlassen bekamen wir die notwendigen Stempel und ein freundliches “Welcome to the United States! Enjoy your holidays.”

Am nächsten Morgen empfing uns die Skyline von Manhatten mit einem wunderschönen Panorama. Unser Hotel liegt auf der New Jersey-Seite des Hudson-Rivers mit einem fantastischen Blick auf die Stadt.

Manhattan Skyline im Morgenlicht
Manhattan Skyline im Morgenlicht

Die Uferseite von Weehawken und Hoboken luden uns ein zu einem morgendlichen Spaziergang mit vielen schönen Blicken auf  die Stadt. Diese Gegend hat sich im Laufe der letzten 20 Jahre enorm verwandelt von verlassenen Hafenanlagen und abgebrochenen Piers zu gehobenen Wohn- und Geschäft-Quartieren.

Morgenstimmung in Hoboken
Morgenstimmung in Hoboken

Wenig später waren wir unterwegs in Manhattan und erkundeten die Viertel um den Washington Square und den Union Square. Der Washington Square liegt umgeben von Universitätsgebäuden im “akademischen Viertel” der Stadt und zeigte sich an diesem sonnigen Tag mit Kreativität und Lebendigkeit. Viele Straßenkünstler zeigten ihr Können, und es war schön, sich treiben zu lassen.

Washington Square
Washington Square

Wir kennen den Washington Square von unseren letzte Besuchen in dieser Stadt nur im Winter. Bei schönen Spätsommerwetter macht der Platz natürliche einen ganz anderen Eindruck und zeigt sich als eines der vielen quirligen Zentren in New York.

Parkbeleuchtung am Washington Square
Parkbeleuchtung am Washington Square

Zwischendurch sahen wir aber auch Armut und Orientierungslosigkeit, Menschen, die unbeachtet auf der Strasse liegen oder sich im öffentlichen Brunnen waschen. Auch das ist ein Teil von New York.

Das viele Laufen und Schauen macht müde. Am Union Square gibt es einen schönen Markt und netten Plätze zum Verweilen und Ausruhen.

Wohlverdiente Pause am Union Square
Wohlverdiente Pause am Union Square

Besonders gut gefallen hat uns ein Graffiti an der 17ten Strasse in der Nähe des Union Square.

Graffiti an der 17ten Strasse

Dem können wir uns uneingeschränkt anschließen.

Der Abend vor der Abreise

Es fühlt sich an wie das Ende einer langen Reise, und doch ist es erst der Anfang. Von der ursprünglichen Idee, die schon länger als ein Jahr zurück liegt, bis zum heutigen Abend gab es eine endlose Liste von Dingen zu erledigen, um uns für drei Monate frei zu machen. Wir sind froh und dankbar, dass sich für alle offenen Fragen immer eine Lösung finden ließ und wir viel Unterstützung erfahren durften. Jetzt ist es also tatsächlich soweit, dass unsere Reise vor der Tür steht. Trotz Wirbelsturm Harvey und Nordkorea Krise freuen wir uns auf die Zeit in den USA.

Heute gibt es noch viele praktische Dinge zu erledigen. Der Schreibtisch wird zur Pack-Station. Für welches Wetter müssen wir uns ausrüsten? Welche Schuhe und Jacken werden wir brauchen? Und wird das alles in die Koffer passen? Was machen wir mit den letzten Resten im Kühlschrank?

Die Pässe und Bordkarten für das Flugzeug liegen bereit. Wenn wir erst einmal im Flieger sitzen, können wir (hoffentlich) die Anspannung der letzten Wochen gut hinter uns lassen.

Der kühle und regnerische Wetterwechsel in der Region macht uns den Abschied leicht. Unsere erste Station wird das vertraute Hotel am Hudson River in Weehawken sein, direkt gegenüber der Manhattan Skyline. In New York wird das Wetter am Samstag zwar auch regnerisch sein. Aber schon bald ist wieder Sonne angekündigt. Jetzt kann es also wirklich los gehen.

Nachtrag

Tatsächlich, es passt wirklich alles in die Koffer!

Gepackte Koffer

Unsere Reise in die USA

Nun sind es nur noch wenige Tage bis zu unserer Abreise. Am Freitag werden wir uns auf den Weg machen, über München nach Newark fliegen und das nächste Wochenende bereits in New Jersey und New York verbringen. So langsam kommt die Vorfreude, aber auch eine leichte Nervosität, ob denn alles klappen wird.

Ein kleiner Vorbote fand sich in unserer Küche ein: Johannes war vor ein paar Wochen für einen beruflichen Kurz-Trip in New York und brachte uns eine Metro-Card für die New Yorker U-Bahn mit. Die Karte hat noch ein paar Dollar übrig. Wie schön!

Wir werden an dieser Stelle von Zeit zu Zeit von unserer Reise berichten und Fotos hochladen, für alle, die zwischendurch einmal schauen möchten, wie es uns ergeht. Kommentare und Rückmeldungen sind natürlich jederzeit willkommen.

Stay tuned for more!