Autor: smlaage
Zweimal Fast-Rund-Rügen
Planung und Bootsübernahme
August 2022: Dieses Jahr wollten wir, meine Frau Astrid und ich, es noch einmal mit Rügen probieren. Letztes Jahr hatten wir dort ein Boot bei Breege gechartert. Aber die Woche stand unter keinem guten Stern. Es war unsere erste Tour zu zweit, bei der wir wegen einem dreitägigen Sturm einen großen Teil der Zeit im Hafen abwettern mussten. Zu allem Überfluss hatte ich auch noch das Boot zwischen Kloster und Vitte im Schlick festgefahren. Nichts passiert, aber trotzdem ärgerlich. So verging die Woche schnell, ohne dass wir viel Gelegenheit zum Segeln hatten.

Dieses Jahr sollte es anders werden. Wir planten von vornherein 2 Wochen, so dass uns Wettereinbrüche nicht aus dem Konzept bringen würden und wir nach Lust und Laune auch länger an einem Ort bleiben konnten. Wir wählten Altefähr als Ausgangspunkt unseres Törn, direkt gegenüber von Stralsund. Dadurch entfiel die lange Strecke durch enge Fahrwasser von und nach Breege. Und schließlich wollten wir noch etwas anderes ausprobieren: Aufgrund der Klima- und Energieprobleme in diesen Zeiten sollte die lange Anreise aus dem Süden mit den Zug erfolgen, statt wie sonst üblich mit dem Auto.

Die Zugfahrt klappte gut. Einzig die Schlepperei des Gepäcks stellte sich als eine mühsame Beigabe heraus. Deshalb ließen wir unsere großen Reisetaschen in Stralsund und fuhren mit der Regionalbahn weiter nach Altefähr. Der Fußweg vom Bahnhof zum Hafen führte durch eine der wunderschönen romantischen Alleen, von denen es so viele auf Rügen gibt.

Unser Boot, eine Dehler 34, stand bereit. Allerdings fehlte der Windgeber im Mast, der aufgrund von Kommunikationsproblemen mit dem Navigationssystem nicht mit auf die Reise gehen konnte. Ohne Anzeige und Berechnung des scheinbaren und wahren Windes mussten wir uns auf unser seglerisches Bauchgefühl verlassen. Da wir gelegentliche Jollen segeln, ganz ohne elektronischen Schnickschnack, sollte das eigentlich machbar sein.
Unsere erste und sehr kurze Etappe führte über den Strelasund in den Hafen von Stralsund. Dort holten wir unsere Reisetaschen ab, rüsteten uns mit Proviant aus und genossen einen entspannten Abend in dieser schönen Stadt.

Stralsund -> Seedorf (27 NM)
Am nächsten Tag ging es dann endlich los. Bei mäßigem Wind aus Nordwest setzten wir Seedorf als Tagesziel, ein kleines Dorf mit einem sehr schönen Naturhafen am nordöstlichen Rand des Greifswalder Boddens. Wir verließen Stralsund pünktlich um 12 Uhr und versammelten uns mit anderen Seglern vor der Ziegelgraben-Brücke, die den Weg nach Osten versperrte.

Nach der Brückenöffnung um 12:20 Uhr ging es ein kurzes Stück durch eine Fahrrinne nach Südosten, wo sie in den Strelasund mündet. Dort konnten wir die Segel setzen und bei schwachem Wind dem Verlauf des Strelasund folgen. Im Greifswalder Bodden änderten wir den Kurs nach Nordosten. Die Insel Vilm war schon von weitem sichtbar. Leider ließ der Wind immer mehr nach und drehte auf Nordost, kam also direkt von vorne. Jetzt war es Zeit, den Motor zu bemühen, der uns die letzten 8 Meilen voran brachte. Die skurrile ehemalige Entmagnetisierungsplattform markierte die Einfahrt in die Having und zeigte sich als eindrückliches Symbol einer militärischen Vergangenheit.

Wir folgten den roten Tonnen zum Hafen. Die Einfahrt durch den dichten Schilfgürtel wurde erst aus der Nähe erkennbar. Nach 6:30 Stunden machten wir das Boot in Seedorf fest.

Der Hafen inmitten von Schilf hat uns sehr gut gefallen. Hier konnten wir direkt von der Badeplattform in das sehr saubere Wasser springen, was man in anderen Häfen nicht freiwillig machen würde. Wir blieben einen weiteren Tag in Seedorf und machten einen Ausflug zum wunderschönen Jagschloss Granitz. Von dort ging es mit dem „Rasenden Roland“ nach Baabe und dann per Pedes wieder zurück zum Boot. Den Tipp für diesen Ausflug bekamen wir vom Hafenmeister und geben die Empfehlung gerne weiter

Seedorf -> Sassnitz (33 NM)
Inzwischen hatte der Wind wieder aufgefrischt, weiterhin aus Nordost. Unser nächstes Ziel war Sassnitz. Der Kurs führte bei sonnigem Wetter durch den Greifswalder Bodden nach Südost. Mit nahezu Halbwindkurs kamen wir gut voran. Die Dehler zeigte sich von ihrer segel-starken Seite. Wir umrundeten das Mönchgut mit dem Tiessower Haken im Süden und folgten der Landtief-Fahrrinne, wo wir für ein kurzes Stück den Motor bemühen mussten. Sobald es genug Wassertiefe um uns herum gab, holten wir wieder die Segel heraus und kreuzten in nordöstliche Richtung. Auch dabei hat uns das Boot viel Freude gemacht. Am Nordperd, etwa auf der Höhe von Göhren, konnten wir dann auf nordwestlichen Kurs drehen und mit einem langen Schlag Sassnitz ansteuern. Die Seebäder Selin und Binz und der geschichtsträchtige Komplex Prora zogen in der Nachmittagssonne vorbei. Wir passierten drei riesige Frachtschiffe, die in der Reede vor Anker lagen. Der Wind ließ nach, so dass wir die letzten Meilen mit 4 und dann 3 Knoten absolvierten.

Aber wir hatten keine Eile – wie schön, wer das von sich sagen kann! Nach 7 Stunden kamen wir in Sassnitz an. Der große Hafen hatte viel Platz aber auch etwas Schwell. Auf unserem Boot gab es Ruckdämpfer für die Festmacherleinen, die tatsächlich etwas Ruhe ins Boot brachten.
In Sassnitz machten wir wieder einen Tag Segel-Pause und verbrachten die Zeit mit einem ausgiebigen Spaziergang am Fuße der Kreidefelsen bis zur Kieler Treppe und zurück durch den Buchenwald, der als UNESCO Kulturerbe ausgezeichnet ist.

Sehr schön ist die lange Fußgängerbrücke, die in einem großen Bogen von der Stadt hinunter zum Hafen führt.

Sassnitz -> Glowe (21 NM)
Dann sollte es wieder auf das Wasser gehen. Wir wollten um die Kreidefelsen herum nach Glowe im Norden der Insel. Der Wind hatte zugenommen und kam weiterhin aus Nordost. Andere Segler berichteten von eine starken Welle draußen, 1 bis 1,5 m, da der Wind ungehindert über die Ostsee eine lange Anlaufstrecke hatte. Unbeirrt machten wir uns bei bedecktem Himmel auf den Weg. Vorsorglich setzten wir das Großsegel im ersten Reff. Wie zu erwarten wurden wir nach der Ausfahrt aus dem Hafen heftig durchgeschüttelt. Sicherheitswesten und Lifelines wurden Pflicht. Es zeigte sich, dass wir im Salon einige Chaps nicht richtig verriegelt hatten. Dort lag in kurzer Zeit alles kunterbunt durcheinander, was uns im Moment aber nicht ablenken durfte. Zum Glück blies der Wind stetig, und wir kamen trotz heftigem Seegang zügig voran. Der eine oder andere Brecher ging über das Vordeck. Im Cockpit hatten wir es aber trocken. Wir kreuzten eine Weile nach Nordosten und umrundeten die Halbinsel Jasmund. Dabei meldete sich das erwähnte Bauchgefühl mit dem deutlichen Wunsch nach dem zweiten Reff, was schnell erledigt war. Unser Boot machte seinem Ruf als Performance-Segler alle Ehre und lief auch im zweiten Reff stabil und mit gutem Tempo.

Dann hatten wir den östlichsten Punkt der Insel erreicht und konnten mit Halbwindkurs nach Nordwesten und später mit Raumwindkurs nach Westen fahren. Der Traveler wanderte nach Lee, und es wurde ruhiger an Board. Wir genossen den Blick vom Wasser auf die Kreidefelsen und den Königsstuhl, auch wenn uns heute kein Sonnenschein vergönnt war.

Im Tromper Wiek stand immer noch eine ordentliche Welle aus Ost. Die relativ enge Hafeneinfahrt von Glowe ist aber nach Westen ausgerichtet, so dass sie gut machbar war.
Gleichzeitig mit uns hatte ein etwas kleineres Boot den Hafen von Sassnitz verlassen, das uns unterwegs immer wieder begegnete. Und tatsächlich trafen wir sie in Glowe als Stegnachbarn wieder. Die beiden Segler berichteten, dass gleich am Anfang der Tour ein Brecher über das Cockpit ging und sie deshalb erst einmal im Nassen saßen. Der Raumwind hatte dann geholfen, die Hosen zu trocknen. Es entwickelte sich eine Segel-Plauderei unter Gleichgesinnten.
Inzwischen war die Sonne wieder herausgekommen. Im Hafen von Glowe gab es ein Weinfest mit Live-Musik, wo wir uns kulinarisch verwöhnen ließen. Ein langer Spaziergang am schönen Sandstrand beschloss den etwas abenteuerlicheren Segeltag.

Glowe – Vitte, Hiddensee (27 NM)
Der Wind kam immer noch aus Nordost. Heute wollten wir Kap Arkona umrunden und Vitte auf Hiddensee ansteuern. Unser Weg führte uns nach Norden durch das Tromper Wiek und dann um Kap Arkona herum nach Westen.

Wir segelten mit Raumwindkurs an der Nordküste von Rügen entlang. Schon bald konnten wir in der Ferne Hiddensee erkennen und drehten auf südwestliche Richtung. Die Ansteuertonne für das Fahrwassers tauchte auf. Da wir letztes Jahr im engen Fahrwasser keine guten Erfahrungen gemacht hatten, stieg die Nervosität an Board. Wir holten frühzeitig die Segel herunter, reihten uns in die Perlenkette der anderen Segler ein und fuhren den letzten Teil mit Maschine. Tatsächlich lief alles problemlos.
In Vitte wollten wir nicht unbedingt in den Seglerhafen Lange Ort, sondern schauten erst einmal im Stadthafen vorbei. Dort gab es einige wenige Gastplätze am Viktoria Kai. Diese Plätze lagen etwas abseits vom eigentlichen Hafenbecken. Wir mochten den Steg, weil es von dort nur wenige Schritte bis ins Zentrum vom Ort war.

Wir lieben die Insel und verbrachten hier einen weiteren Tag. Nach einem kurzen Spaziergang durch den Ort waren wir auf der anderen Seite der Insel am Strand und konnten einen wunderschönen Sonnenuntergang erleben. Ein Ausflug nach Kloster gehörte genauso dazu wie ein morgendliches Bad im Meer, wenn auch bei sportlichen Temperaturen. Viel zu schnell ging die Zeit vorbei.

Vitte – Sassnitz (40 NM)
Bei unsere Spaziergängen hatten wir schon gemerkt, dass der Wind auf Nordwest drehte. Für die nächsten Tage war zunehmender Wind und später auch Regen angesagt. Wir wollten weiter, bevor uns das Wetter auf Hiddensee festsetzte. Doch wohin? Für den letzten Teil der Umrundung von Rügen fehlte uns nur noch die Rückfahrt nach Stralsund. Diese Strecke kannten wir schon von letztem Jahr, und sie war uns zu langweilig. Weiter nach Westen wäre bei dem Wind kein Spaß gewesen. Wir entschieden uns daher, die Insel noch einmal zu umrunden, dieses Mal in die andere Richtung von West nach Ost. Der Anblick von Kap Arkona und dem Königsstuhl war es uns auf jeden Fall wert, dieses Mal vielleicht sogar bei Sonnenschein. Und außerdem hatte sich Besuch von Freunden in Sassnitz angemeldet. Sie würden dort mit der Fähre von Schweden ankommen.
Unser Plan war, erst einmal nach Glowe oder Lohme zu segeln. Von dort sollte es dann weiter gehen nach Sassnitz. Bei der Abfahrt von Vitte wurden wir mutiger und nahmen trotz der engen Fahrwasser das Großsegel zu Hilfe. Mäßiger Raum- und Halbwind waren günstig, und das Navigieren im Fahrwasser klappte gut.

Wir kamen bald aus den gebaggerten Bereichen heraus und segelten nach Norden. Sobald wir die Abdeckung durch die Insel Hiddensee verließen, blies der Wind kräftig von Westen. Das erste Reff war schnell gesetzt. Die Nordküste der Insel mit Kap Arkona konnten wir wieder mit Raumwindkurs bewältigen. Die scheinbare Ruhe auf dem Boot bei Raumwind-Kurs täuschte aber über die tatsächlichen Windverhältnisse, zumal wir keinen Windgeber hatten. Als wir in das Tromper Wiek nach Süden einbogen, wurde es recht ungemütlich. Zudem hatte sich eine ordentliche Welle aus Westen aufgebaut, die uns seitlich traf. Das Großsegel wurde auf das zweite Reff verkleinert. Wir segelten erst einmal unverdrossen weiter nach Süden. Als wir weit in der Ferne den Hafen von Glowe sahen, kamen uns aber Zweifel angesichts der westlich ausgerichteten engen Hafeneinfahrt, die wir mit kräftigem Rückenwind und Welle hätten nehmen müssen. Eine Legerwall-Situation wollten wir auf jeden Fall vermeiden. Nach kurzer Strategie-Besprechung im Cockpit gab es eine Planänderung: Wir fuhren weiter nach Sassnitz. Die Hafeneinfahrt dort war bei jedem Wetter zu bewältigen. Der Tag war noch ausreichend lang für zwei oder drei weitere Stunden auf dem Wasser.

Die Strecke führte wieder vorbei am Königsstuhl und den Kreidefelsen, dieses Mal tatsächlich bei Sonnenschein. Der Westwind frischte weiter auf, so dass wir schnell voran kamen, aber auch mit dem Boot gut beschäftigt waren. Auf den letzten Meilen wurde es dann anstrengend. Auch die Genua war inzwischen in die zweite Reff-Stufe eingerollt. Trotzdem zeigte die Logge über 8 Knoten bei Halbwindkurs durch sehr unruhiges Wasser. Man konnte nur ahnen, welche Kräfte hier am Werk waren.

Wir waren froh, als wir endlich die Tonnen der Hafeneinfahrt erreichten, die Segel herunterholen und den Rest mit dem Motor fahren konnten. Hinter der Hafenmauer wurde die See ruhiger, aber der Wind pfiff immer noch heftig. Wir wussten noch nicht, dass uns ein besonders spannendes Anlegemanöver bevorstand. Bei der Auswahl einer Box entschieden wir uns für die Einfahrt vorwärts und gegen den Wind. Dadurch sollte das Cockpit im Windschatten der Sprayhood liegen, was den Aufenthalt an Board angenehmer machen würde. Erst einmal klappte alles nach Plan. Die Einfahrt in die Box passte und die Heckleinen wurden um die Dauben gelegt. Aber der erste Versuch, einem freundlichen Helfer am Steg eine Vorleine zuzuwerfen, misslang. Zu einem zweiten Versuch kam es nicht mehr, weil der kräftige Wind das Boot in einer durchaus würdevollen Drehung zur Seite und langsam aber beständig gegen die Dauben der benachbarten, leeren Boxen schob. Alle Versuche, die Drehung durch Festhalten der Luv-Heckleine bei kräftigem Motorschub aufzuhalten, waren vergebens. Der Wind saß buchstäblich am längeren Hebel. Vorher hatte ich mich noch etwas abfällig über Bugstrahlruder geäußert („Wer braucht denn so etwas?“), jetzt hätte ich ein Königreich dafür gegeben. Schließlich lagen wir quer an den Dauben wie ein Maikäfer auf dem Rücken. Guter Rat war teuer – und kam in Form einer Sorgleine an einer etwas weiter entfernten Box. Mit dem Bootshaken konnte Astrid die Sorgleine erreichen und uns langsam Stück für Stück soweit in Position ziehen, dass wir die Vorleine endlich den inzwischen zahlreichen Helfern zuwerfen konnten – unter Beifall! Der Rest war einfach. Später erzählte man uns, dass wir heute schon das zweite Boot waren, das sich unfreiwillig quer gelegt hatte. Zum Glück war alles glimpflich abgegangen. Die weiteren Ankömmlinge an diesem Abend fuhren rückwärts in die Boxen. Offensichtlich eine gute Strategie!

Da wir nicht nach Glowe gefahren waren, hatten wir einen zusätzlichen Tag in Sassnitz. Wir machten einen Ausflug mit E-Bikes nach Ralswiek, wo die Störtebecker-Festspiele stattfinden, dann weiter nach Bergen, der Hauptstadt der Insel und schließlich zurück über den Industriehafen Mukran – eine schöne Runde, wenn auch überschattet von viel Wind und Regen. Die elektrische Unterstützung war sehr willkommen!
Am nächsten Tag trafen wir uns mit unseren Freunden Hans und Ingrid, die mit einem Wohnmobil auf dem Rückweg von Norwegen und Schweden waren. Wie es der Zufall wollte, hatte Hans Geburtstag. Wir luden sie zu Kaffee und Kuchen auf unser Boot ein und verbrachten den Rest des Tages bei sonnigem Wetter mit Streifzügen in und um Sassnitz.


Am Abend legte am Nachbarsteg ein Boot mit einem etwas älteren Paar an. Der Segler erzählte, dass er nach seiner Pensionierung schon viel mit dem eigenen Boot unterwegs war. Dieses Mal hatte ihn seine Frau begleitet. Die beiden waren sehr angenehme Gesprächspartner. Es stellte sich heraus, dass er 77 Jahre alt war und das Segeln ganz entspannt und mit viel Zeit angeht. „Ich habe entschieden, nur noch bei Halbwindkurs mit verträglichen Windstärken zu fahren!“ Nach unserer stürmischen Anreise nach Sassnitz fanden wir das einen sehr guten Vorsatz. Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns herzlich.
Sassnitz – Lauterbach (31 NM)
Unsere Charterzeit näherte sich dem Ende, und wir mussten die Rückreise nach Stralsund planen. Wir entschieden uns für Lauterbach als Zwischenstopp. Inzwischen hatte der Wind wieder auf Nordosten gedreht, sehr wohl passend für unser Vorhaben. Wir verließen Sassnitz bei mäßigem Wind, der aber im Laufe des Nachmittags auffrischte. Es entwickelten sich sehr dunkle Wolken. „Wenn du solche Wolken siehst: Kleine Tücher setzen und Ölzeug anziehen!!“, klang es mir noch im Ohr von einem früheren Mitsegel-Törn. Wir refften also die Segel und holten die Regensachen hervor. Zum Glück zog das Zentrum des Schauers an uns vorbei.

Insgesamt verlief die Überfahrt ohne Probleme. Inzwischen waren wir beide routiniert bei den Abläufen an Board. Nachdem wir in den Greifswalder Bodden gedreht hatten, wurde die See etwas ruhiger. Der kräftige Ostwind brachte uns gut voran. Wir fuhren nordöstlich um Vilm herum, den letzten Teil nur mit Genua und immer noch mit 6 bis 7 Knoten, und bogen an der Tonne zum Hafen von Lauterbach ab. Wir entschieden uns für die Marina Im Jaich östlich neben dem Stadthafen, wo wir das Boot trotz kräftigem Seitenwind ohne Probleme in die Box brachten, dieses Mal sogar ganz ohne Helfer am Steg. Wir hatten dazugelernt!
Die Wasserwelt in dieser Marina mit schwimmenden Ferienwohnungen und vielen Segelbooten aller Größen hat einen ganz eigenen Reiz.

Unser Spaziergang am Abend führte uns zum Badehaus Goor, einem historischen Wellnesshotel in malerischer Kulisse, das wir schon von früheren Reisen nach Rügen kannten. Ein Aperol-Spritz bei Sonnenuntergang mit Blick auf das Wasser und den Hafen war ein schöner Ausklang eines entspannten Segeltages.

Lauterbach – Stralsund (25 NM)
Die letzte Etappe sollte uns zurück nach Stralsund bringen. Die Stadt hatten wir kennen und schätzen gelernt. Dort wollten wir die letzte Nacht dieser Ferienreise verbringen. Für die Rückreise mussten wir die Öffnungszeiten der Ziegelgraben-Brücke berücksichtigen. Bei einem geschätzten Tempo von 5 Knoten wurde die Abfahrtszeit auf 10:15 Uhr gelegt, um die Brückenöffnung um 15:20 Uhr zu erreichen. Tatsächlich waren wir eher etwas schneller, was sich aber durch Reffen gut regeln lässt. Rügen zeigte sich noch einmal von seiner besten Seite. Die Sonne schien, und der Wind hielt sich in Grenzen, so dass wir ganz entspannt dem Strelasund nach Westen folgen konnten.

Wir wurden von einer ganzen Reihe von Yachten begleitet, die sich alle rechtzeitig zur Brückenöffnung einfanden. Das Timing passte gut, so dass wir nicht lange warten mussten.

Gegen 16 Uhr konnten wir das Boot in Stralsund festmachen. Wir hatten noch einmal einen schönen Abend in dieser Stadt.

Boot-Rückgabe und Heimreise
Am nächsten Tag konnten wir es gemütlich angehen lassen. Wir erledigten noch ein paar Einkäufe und bereiteten das Boot für die Rückgabe vor. Nach einem Stopp an der Tankstelle in Stralsund fuhren wir das kurze Stück über den Strelasund zurück nach Altefähr mit Motor. Von dort brachte uns ein Taxi mit all unserem Gepäck zum Bahnhof in Stralsund. Unsere Heimreise hatte begonnen.
Während etwas mehr als 200 Seemeilen hatten wir eine schöne Zeit mit der Dehler 34. Sie segelte sehr gut! Auch wenn es einige kleine technische Probleme gab (wie oft bei einem Charter-Boot) haben wir die Tour sehr genossen. Rückblickend war es eine gute Entscheidung, zwei Wochen zu planen. Dadurch wurde die Reise viel entspannter. Wir konnten die bezaubernden Orte, die wir besuchten, kennen lernen. Und bezaubernde Orte gibt es viele auf Rügen! Es war eine tolle Reise. Wir kommen bestimmt wieder!
Fotos: Astrid Witt

(Wiki Commons, File:Ruegen – Uebersichtskarte.png – Wikimedia Commons)
Abschied von den Fjorden: Sand
Unsere letzte Etappe in Norwegen führt weiter in den Südwesten zu dem kleinen Ort Sand am Boknafjord.

Die Strecke führt wieder an einer wunderschönen Fjordlandschaft entlang, leider bei regnerischem Wetter.

Die norwegischen Strassen entlang, unter und über den Fjorden zeugen von ausgefeilter Technik in Verbindung mit großen finanziellen Mitteln. Mächtige Brücken und enorme Tunnelsystem kreuzen und queren die Fjorde.

Bei Granvin fahren wir durch einen 7,5 km langen Tunnel. Der Tunnel öffnet sich direkt auf eine Brücke über den Fjord, der in luftiger Höhe überquert wird.

Auf der anderen Seite geht es direkt wieder in die Felswand hinein.

Nach einem kurzen Stück im Tunnel kommt ein besonderes Highlight: ein kompletter Kreisverkehr tief im felsigen Berg, ausgeleuchtet mit geheimnisvollem Blau.

Wir sind so fasziniert von dieser Straßenführung, dass wir beinahe die richtige Abzweigung verpassen.
Am Abend erreichen wir Sand und das Fjordhotel, in dem wir uns für zwei Tage eingemietet haben. Das Hotel liegt direkt am kleinen Hafen. Endlich macht auch das Wetter mit.

Der Ort Sand liegt am Lachsfluss Suldalslågen, einem wilden Fluss mit zahllosen Wasserfällen. Das Wasser des Fluss betreibt mehrere Wasserfälle, die nach Auskunft im Touristen-Info 8% des norwegischen Strombedarfs produzieren. Der Ausbau mit Wasserkraft hatte die hier heimischen Lachse verdrängt. Daraufhin hat der Betreiber gegengesteuert mit dem Bau von vielen Lachstreppen. Eine dieser Lachstreppen in der Nähe von Sand wurde mit einem „Lachs-Studio“ ausgerüstet, wo die Lachse durch Glasscheiben beobachtet werden können. Inzwischen gibt es hier wieder viel Wild- und Zuchtlachs.
Wir genießen noch einen sonnigen Tag am Fjord, erkunden die Gegend und verbringen entspannte Zeit am Wasser. Besonders die Stimmung am Abend ist wunderschön und lädt uns ein, die Seele baumeln zu lassen. Diese und viele andere Bilder von unserer Reise werden uns im Alltag begleiten.



Damit geht unsere Reise durch Norwegen zu Ende. Morgen liegt eine lange Etappe vor uns: Wir werden an einem Stück Norwegen von West nach Ost durchqueren, um noch ein paar Tage in Göteborg in Schweden zu verbringen, von wo wir dann wieder mit der Fähre nach Kiel übersetzen.
Stadt im Regen: Bergen
Wir verlassen Balestrand und fahren weiter nach Bergen, die zweitgrößte Stadt Norwegens an der Westküste des Atlantiks.

Unsere Fahrt führt vorbei an einer der ältesten erhaltenen Stabkirchen Norwegens, die Hopperstand Stabkirche. Aus der Analyse des Holzes wird geschätzt, dass sie im Zeitraum von 1034 bis 1116 gebaut wurde.

Das Wetter ist regnerisch und wenig einladend. Trotzdem halten wir für einen Stopp und schauen uns die Kirche an. Der Innenraum der Kirche ist sehr dunkel. Licht kommt nur über kleine Luken auf beiden Seiten im Dach.

Die frei-stehenden Holzsäulen, die das Kirchenschiff tragen, sind gut zu erkennen. Die Dachkonstruktion erinnert an einen umgekehrten Bootsrumpf.

Im weiteren Verlauf kommen wir durch die Region Voss, die für Wassersport im Sommer und Skisport im Winter bekannt ist. In den Bergen sehen wir Zeugen von Wintersport. Allerdings ist alles eine oder zwei Nummern kleiner als in den Alpen. Es gibt es hier keine großen Hotels, sondern nur flache Gebäude. An den Hängen sind vereinzelt Skilifte zu sehen. Skifahren in Norwegen hat viel mit Langlauf und Trekking-Touren zu tun.
Nach einer regenreichen Fahrt erreichen wir Bergen. Wir sind untergebracht in einem Hotel in der Nähe ds Flughafens. Von dort kann das Stadtzentrum gut mit der Straßenbahn erreicht werden.

Bergen ist geprägt durch seinen großen Hafen umgeben von einer dichten Gebirgslandschaft. Die Häuserfront in Bryggen, dem Touristenviertel, zeugt von der Geschichrte als Hanse-Stadt.
Im Hafen liegt ein mächtiger Dreimaster, der Statsraad Lehmkuhl. Man kann sich auf dem Schiff für touristische und abenteuerliche Reisen „unter Segel“ einkaufen.

Wir durchstreifen die Stadt und finden abseits vom Hafen gemütliche Altstadt-Gassen, die zum Bummeln einladen.

Wir machen einen Ausflug auf den Hausberg, den Fløyen, entscheiden uns aber gegen die Zahnrad-Bahn und gehen die 4 km Strecke lieber zu Fuß. Dabei werden wir vom Bergen-typischen heftigen Regen überrascht.

Von oben hat man einen guten Blick über die Stadt und den Fjord – sofern die Wolken diesen für einen Moment freigeben. Inzwischen sind wir komplett durchnässt, so dass ein Abstieg im Regen auch kein Problem mehr ist.

Insgesamt verbringen wir 3 Nächte in Bergen, müssen aber zugeben, dass sich der heftige Dauerregen etwas auf unsere Stimmung auswirkt. Als ich beim Auschecken im Hotel frage, ob dieser heftige Regen öfter vorkommt im August, bekomme ich mit einem Lächeln die Antwort, dass heftiger Regen typsch ist für alle 12 Monate des Jahres. Bergen ist die regenreichste Stadt Europas. „What did you expect?“
Balestrand
Wir machen uns wieder auf den Weg weiter nach Süden. Die nächste Station ist Balestrand am Sognefjord.

Vom Nordfjord führt die Strasse wieder in Serpentinen den Berg hinauf. Zwischendurch gibt es noch einmal einen Ausblick über den Fjord und die umgebenden Berge, zur willkommenen Abwechslung bei strahlendem Sonnenschein.

Wir nehmen wieder nicht dir direkte Route, sondern fahren über die Reichstrasse 13 durch das Gaularfjellet und vorbei an einem mächtigen Wasserfall, dem Likeholefosset. Der Wasserfall ist durch eine Fußgängerbrücke gut erschlossen.

Wir machen dort eine Pause und spazieren eine Weile am Fluß entlang, durch den Wald und zu einem nahgelegenen See. Ziemlich schnell finden wir uns in einer sehr einsamen und wilden Gegend. Wir genießen den Sonnenschein und die Stille, holen uns durch die vielen Bachläufe aber ziemlich nasse Füße.

Die Fahrt geht weiter an sehr schön gelegenen Bergseen. Nicht umsonst gilt diese Strecke als ein touristisches Highlight.


Schließlich führt die Straße in steilen Serpentinen hinab zum nächsten Fjord.

Die Straße ist frei, keine Wohnmobile oder Laster sind in Sichtweite und die Sonne scheint. Wir lassen das Auto laufen durch viele DCO-Kurven (DCO? „Darling come over!“). So machen Reiseferien Spaß.
Schließlich erreichen wir Balestrand, einen malerischen Ort. Wir übernachten im ehrwürdigen Kviknes-Hotel

Das Hotel liegt sehr schön an der Bucht und bietet einen fantastischen Blick über den Fjord. Es lädt zum Verweilen ein.

Es heißt, dass Kaiser Wilhelm II hier regelmäßig Ferien machte. Es soll einen Sessel geben, der für ihn reserviert war. Den können wir zwar nicht finden, aber das Interior spricht uns an mit vielen Gemälden, der schönen Möblierung und immer wieder dem Blick auf das Wasser.

Im Ort gibt es den Nachbau einer norwegischen Stabkirche, die wir auf unserem Abendspaziergang besuchen. Die Kirche wurde in den Jahren 1892 bis 96 gebaut. Die Kirche geht auf die ursprünglich schottische Ehefrau des Hotelbesitzers zurück. Sie war aus Begeisterung für die Berge und aus Liebe zu ihrem Mann in diese Region gezogen und wollte einen englischsprachigen Gottesdienst für die vielen Gäste anbieten. Leider hatte sie die Fertigstellung nicht mehr erlebt, da sie schon vorher an Tuberkulose gestorben war.

Wie es der Zufall will, findet dort tatsächlich ein kurzer Abendgottesdienst mit einigen wenigen Touristen statt, an dem wir spontan teilnehmen. Der englische Pfarrer erzählt, dass er für zwei Wochen hierher versandt wurde, um regelmäßig Gottesdienste anzubieten. Die Tradition hat schon lange Bestand. Hier wurden seit der Fertigstellung der Kirche jeden Sommer regelmäßige „Services“ gehalten.
Wir verbringen den nächsten Tag mit einer Wanderung in den umliegenden Bergen und Wäldern. Die Natur ist weitgehend sich selbst überlassen mit zahllosen Bächen und dichten Wäldern mit sattgrünen moosbedecken Böden. Wanderwege sind gut beschriftet und markiert. Zwischendurch bieten sich schöne Ausblicke auf den Fjord und auf Balestrand.


Geirangerfjord
Wir fahren weiter nach Süden. Unser nächstes Ziel ist Innvik am Nordfjord, ein guter Standort für Ausflüge in die Region, besonders zum Geirangerfjord.

Die Strecke führt an den Ufern der Fjorde entlang. Kurz nach Molde führt ein Tunnel unter dem Fjord hindurch. Der erste Abschnitt des Tunnels steigt ab in abenteuerliche Tiefen, um dann am Scheitelpunkt wieder kräftig anzusteigen. Zwischen den Fjorden schraubt sich die Strasse in engen Serpentinen auf über 1000m Höhe, um die Bergrücken zwischen dem Wasser zu überwinden.
Den bekanntesten Abschnitt bilden die Trollstigen (Trolllieter). Sehr enge Serpentinen klettern um mehrere Wasserfälle herum in die Höhe. Als wir dort ankommen, regnet es allerdings heftig. Der Höhenzug verschwindet in den Regenwolken. Trotzdem herrscht hier touristischer Hochbetrieb. Busse und Wohnmobile zwängen sich um die Kurven, bleiben immer wieder stecken, müssen auf die Weiterfahrt warten. Wir reihen uns ein in die Schlange.

Oben gibt es ein Besucherzentrum und eine Aussichtsplattform, die bei diesem Wetter aber in der Regenwolke verschwindet. Wir halten für einen kurzen Stopp und parken direkt neben zwei tapferen Motorradfahrern aus Finnland. 8 Grad Celsius hier oben, heftiger Wind und Regen. Respekt!

Vor 4 Jahren waren mein Freund Uli und ich mit den Motorrädern hier, damals aber bei schönem Sonnenschein. Glück gehabt!
Nach unser Ankunft in Innvik dreht sich das Wetter zum Besseren, zumindest, was man in West-Norwegen als besseres Wetter bezeichnen kann. Das kleine Hotel liegt direkt am Fjord. Wir bekommen ein einfaches Zimmer, das alles hat, was es braucht, und darüber hinaus einen wunderschönen Blick auf das Wasser bietet.

Wir bleiben zwei Tage und machen einen Ausflug zum Geirangerfjord, einen der schmalsten Fjorde mit fast senkrecht ins Wasser fallenden Felswänden und vielen steilen Wasserfällen. Eine Fahrt mit dem Fährschiff durch den Fjord zeigt die Landschaft von ihrer schönsten Seite.




In dem kleinen Dorf Geiranger liegen zwei große Kreuzfahrtschiffe vor Anker, um ein Vielfaches größer, als die Schiffe der Hurtigruten. Dank der großen Wassertiefe der Fjorde ist das kein Problem. Der Gegensatz der großen Schiffe zum kleinen Dorf ist unwirklich. Menschenmassen fluten durch den Ort. Wir finden das Treiben unpassend, aber der Region bringt es willkommene Einnahmen.

Auf den Höhenzügen zwischen den Fjorden sehen wir Seen, die zum Teil als Stauseen für die Stromgewinnung eingesetzt werden. Darüber befinden sich Gletscher, die hier im Norden schon in geringer Höhe das ganze Jahr über Schnee führen.


Atlantikstraße
Wir verlassen die Region Trondheim und sind unterwegs in südwestliche Richtung. Unser nächstes Ziel ist Molde, eine kleine Stadt direkt am Nordufer des Molde-Fjords.

Die Strecke führt wieder an vielen Seen und Fjorden vorbei. Kurz vor Kristiansund gibt es eine kurze Überfahrt mit der Fähre. Inzwischen hat sich der Himmel komplett bewölkt und es regnet zeitweise, typisches Wetter für die norwegische Westküste.

Wir machen einen Stopp in Kristiansund, eine malerische Stadt, die auf drei Inseln verteilt liegt. Die Inseln sind durch mächtige Brücken miteinander verbunden. Die Menschen in dieser Region leben am und vom Meer.

Dann kommt ein wirkliches Highlight der Strecke: Die Atlantikstraße. Die Straße verbindet die Inseln und Halbinseln der zerklüfteten Küste mit Hilfe von aufwendigen Brücken und Dämmen. Die Atlantikstraße wurde in den 80er Jahren gebaut und gilt als die „schönste Autostraße Europas“. Auch wenn das Wetter nicht ideal ist, genießen wir die Fahrt mit vielen Halte- und Aussichtspunkten.


Schließlich erreichen wir Molde. Wir haben uns in einem modernen Hotel direkt am Fjord eigebucht und konnten mit etwas Glück ein wunderschönes Zimmer mit Balkon zum Wasser ergattern. Wir sind im 11. Stock. Der Ausblick ist grandios … auch bei tief hängenden Wolken.

Molde ist ein wichtiger Hafen für Schiffe der Hurtigruten. Wir sehen die Schiffe vorbeiziehen und schauen ihnen von oben zu.

Am Abend schlendern wir zum Hafen und schauen beim Ein- und Ausladen der Schiffe zu. Hier herrscht ein geschäftiges Treiben. Reisende kommen an, begrüßen ihre Familien oder Freunde am Anlegesteg und machen sich auf den Weg zu ihren Unterkünften. Andere begeben sich an Bord. Zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Auto, mit viel oder wenig Gepäck verschwinden sie im Bauch des hell erleuchteten Schiffs und erscheinen bald darauf oben an der Reling. Paletten und Gepäck werden ein- und ausgeladen. Gabelstapler fahren hin und her.

Dann werden die Brücken hochgeklappt, die Leinen gelöst, und schon bald ist das Schiff wieder unterwegs zu anderen Zielen.

Müde vom Schauen machen wir uns auf den Rückweg. Unser Hotel steht am Rande der Stadt und erscheint wie ein überdimensionales Segel am Wasser. Wir freuen uns, an diesem besonderen Ort zu sein.

Brekstad und Ørland
Es ist ein sonniger Tag. Wir beschließen, die Umgebung von Brekstad zu Fuß zu erkunden und machen uns auf zu einer kleinen Wanderung am Fjord entlang. Die Landschaft ist von Feldern, Wäldern, Höfen und kleinen Ansiedlungen geprägt. Von fast jedem Punkt ist das Wasser des Fjords sichtbar.
Die Sonne scheint und die Temperaturen klettern auf 25 Grad, für norwegische Verhältnisse ungewöhnlich warm. Wir genießen das schöne Wetter und die fantastischen Ausblicke.


Am Nachmittag kehren wir zufrieden zum Hotel zurück. Für den Abend besorgen wir uns ein paar leckere Dinge vom lokalen Supermarkt, fahren mit dem Auto ein kurzes Stück nach Süden auf der Halbinsel von Ørland bis zu einem kleinen Hafen. Dort setzen wir uns zum Abendessen auf eine Kaimauer.

Die kleinen Häuser am Ufer werden von der Abendsonne beschienen. Wir genießen die friedliche Atmosphäre.


Hier im nördlichen Teil Europas ist es auch im August noch sehr lange hell. Um 10 Uhr leuchtet der Hafen im Schein der untergehenden Sonne.

Um 11 Uhr werden der Himmel und die Landschaft tief blau, aber es ist immer noch etwas hell.

Ein sehr schöner Tag geht zu Ende. Wir haben die Zeit in Brekstad genossen. Morgen werden wir uns wieder auf den Weg machen und in südwestliche Richtung nach Molde weiter fahren.
Trondheim
Das Schiff nach Trondheim startet direkt am Hotel in Brekstad – für uns sehr bequem. Nur bei dem Ticketpreis zucken wir einen Moment zusammen. Norwegen ist ein teures Reiseland!
Das Speed-Boot macht seinem Namen alle Ehre und saust mit enormer Geschwindigkeit über das Wasser. Aber der Weg durch den Trondheimer Fjord ist weit. So dauert es eine Stunde, bis wir im Zentrum von Trondheim ankommen.
Wir verbringen einen entspannten Tag in der drittgrößten Stadt Norwegens mit etwa 200’000 Einwohner. Der Spaziergang durch die Stadt führt natürlich entlang den Speicherhäusern an der Nidelva. Die bunten Fassaden spiegeln sich im Wasser. Ein schönes Bild, das sich auf vielen Postkarten findet.
Eine besondere Attraktion ist der Nidaros-Dom, eine der bedeutendsten Kirchen Norwegens.

Das Gebäude ist wirklich sehr beeindruckend. Heute finden dort aber drei Hochzeiten statt, so dass wir das Innere der Kirche leider nicht anschauen können.
Wir statten dem Nordenfjeldske Kunstindustrimuseum einen Besuch ab. Hier gibt es eine Ausstellung zu Hannah Ryggen, eine norwegische Künstlerin, die mit gewebten Teppichen fast malerisch gearbeitet hat. Die Farben ihrer Wolle hat sie aus Pflanzen selbst hergestellt. Ihre Motive nahmen Stellung zu gesellschaftlichen und politischen Themen ihrer Zeit. Besonders der zweite Weltkrieg, die deutschen Besatzung in Norwegen und die Menschenrechte in und nach dieser schweren Zeit und werden von ihr thematisiert.

Nordenfjeldske Kunstindustrimuseum Trondheim
Hannah Ryggen lebte in Ørland, nicht weit entfernt von unserem kleinen Brekstad. Wir erfahren, dass es eine Partnerausstellung im Kulturzentrum von Brekstad gibt. Tatsächlich befindet sich unser Hotel in demselben Gebäudekomplex.

Anschließend sitzen wir in einem kleinen Straßencafé bei einem Bier. Neben uns nimmt ein norwegisches Paar Platz. Die Frau zeigt auf unseren Reiseführer und ist beeindruck von seinem Umfang. Sie spricht sehr gut Englisch, wie fast alle Menschen, denen wir hier begegnen. Wir kommen ein bisschen ins Gespräch.
Astrid fragt, wie die Versorgung der alten Menschen in Norwegen geregelt ist. Unsere Gesprächspartnerin erzählt vom staatlichen Sozialsystem, das umfangreiche Unterstützung anbietet. Es wird weitgehend von der Allgemeinheit finanziert. Deshalb hat sie auch keine Probleme, für ein Glas Bier 100 Kronen (umgerechnet 10 Euro) zu bezahlen. Allerdings dreht sich der politische Wind in Norwegen, wie fast überall in Europa, weg vom Sozialstaat und hin zu „jeder für sich“.
Wir plaudern noch eine Weile. Sie erzählt von der langen Dunkelheit im Winter und sagt, dass sie im Oktober nach Griechenland fliegen werden. Das sei billiger als eine psychotherapeutische Behandlung – und viel effektiver.
Wir verabschieden uns von den beiden sympathischen Menschen, schlendern noch etwas durch die Stadt, essen bei der norwegischen Restaurantkette Egon und steigen spät am Abend wieder in das Speed-Boot zurück nach Brekstad.
Unterwegs nach Trondheim
Das nächstes Reiseziel nach Røros ist Trondheim. Eigentlich ist die Überschrift etwas irreführend, denn bei der Suche nach einem geeigneten Schlafplatz in Trondheim müssen wir feststellen, dass auf den üblichen Internetseiten alle Hotels und B&Bs ausgebucht sind. Zumindest alle, die mit unserem Budget kompatibel ist. Später lernen wir, dass an diesem Wochenende in Trondheim einige Konzerte stattfinden. Außerdem ist es das letzte Wochenende vor dem Semesterbeginn, so dass viele Eltern ihre Töchter oder Söhne zum Studienbeginn begleiten.
Wir müssen also den Suchradius vergrößern und werden schließlich in Brekstad auf der Halbinsel Ørland fündig, einige – oder besser ziemlich viele Kilometer weiter nördlich direkt am Trondheim-Fjord. Der Preis ist okay. Und von dort soll es per Speed-Boot eine schnelle Verbindung nach Trondheim geben. Wir buchen uns dort ein.
Für die Fahrt entscheiden wir uns gegen die direkte Verbindung über die vielbefahrene E6 und wählen statt dessen die kleinere und landschaftlich interessantere 705. Die Strecke führt durch sehr einsame Gegenden, entlang an vielen Seen und über Bergrücken. Die Landschaft ist karg und eigentümlich. In der Ferne werden Schneefelder sichtbar.
Zwischendurch begegnen uns Rentiere auf der Strasse, die völlig unbeeindruckt vom (wenigen) Autoverkehr über die Straße trotten.
Auch in den umliegenden Wiesen sind immer wieder Rentiere zu sehen.
Die Temperatur ist akzeptabel und der Regen hat sich zurückgezogen. So genießen wir die Fahrt durch diese einsame Landschaft mit offenem Dach. Tatsächlich begegnet uns fast kein Auto.
In der Region Trondheim wird der Verkehr wieder dichter. Wir kommen zurück in die Zivilisation. Wir fahren aber südlich an Trondheim vorbei und folgen den Ausläufern des Trondheim-Fjords weiter nach Norden. Es sind wunderschöne Straßen, die dem Ufer mit vielen Kurven folgen. Das Licht der Nachmittagssonne glitzert auf dem Wasser. Nach jeder Biegung gibt es einen neuen Blick über den Fjord. Wir sind bezaubert von der schönen Landschaft.
Das letzte Stück nach Brekstad ist eine Fährverbindung über den Fjord. Die Fahrt dauert etwa eine halbe Stunde und ist eine willkommene Abwechslung.
Wir genießen die Abendsonne auf dem Schiff und werfen einen neugierigen Blick auf die kleine Ansiedlung Brekstad, wo wir die nächsten Tage wohnen werden.
Nach etwa 6 Stunden Fahrt und 350km sind wir angekommen. Das Hotel ist sehr schön. Wir bekommen ein kleines, angenehmes Zimmer direkt am Hafen mit Blick auf das Wasser.