Wir verlassen den Yosemite Park und die Berge und fahren zurück zur Küste. Unser heutiges Ziel ist Monterey, südlich von San Francisco. Dort werden wir einige Tage verbringen, um dann an der Küste entlang den Weg nach San Francisco zu nehmen.
Monterey ist eine Stadt von knapp 30’000 Einwohnern, die auf einer Halbinsel liegt. Die Stadt ist bekannt geworden durch den Fischereihafen und die Fischdosen-Fabriken am Cannery Wharf. Dort wurden in große Mengen Sardinen verarbeitet, was besonders zu Zeiten der beiden Weltkriege einen heftigen Boom erfuhr, da Fisch in Dosen wichtig für die Versorgung der amerikanischen Soldaten war. Einer der bekanntesten Romane von John Steinbeck, “Die Straße der Ölsardinen”, kommt aus dieser Stadt in der damaligen Zeit.
Heute spielen Ölsardinen keine Rolle mehr. Wo früher Fabriken waren, sind heute edle Hotels, Restaurants und einige wissenschaftliche Institute, die die malerische Küste bevölkern.

Der Standort ist für die Wissenschaft günstig, weil hier in Küstennähe enorme Wassertiefen erreicht werden. Tatsächlich stehen wir am Rand eines Unterwasser-Gebirges mit Tälern von mehreren 1000m Tiefe, einem “Grand Canyon” unter Wasser.
Wir machen einen Spaziergang entlang der Küste, genießen das zuverlässig warme und sonnige Wetter und den schönen Blick auf das Meer.

Entlang der Küstenlinie gibt es Hinweisschilder, dass wir uns in einer aktiven Erdbebenzone befinden. Hier verläuft die San-Andreas-Verwerfung, wo die pazifische Kontinentalplatte auf die nordamerikanische Platte trifft. Die Kalifornier sind es gewohnt, mit Warnungen vor Erdbeben zu leben. Für uns Besucher ist das aber doch ungewöhnlich.

Der Hauptgrund für unseren Stopp in dieser Stadt ist das Bay Aquarium. Es wurde 1984 auf dem Gelände einer ehemaligen Dosenfisch-Fabrik gebaut und ist eines der größten und bekanntesten Meeresaquarien der Welt. Das Bay Aquarium arbeitet eng mit den umliegenden Forschungsanstalten zusammen. Astrid und ich hatten das Aquarium schon vor mehr als 20 Jahren besucht und in guter Erinnerung. Deshalb sind wir gerne wieder gekommen.
Besonders beeindruckend ist der Kelp Forrest, ein Seetang-Wald in einem riesigen Tank mit Fenstern über eine Höhe von mehreren Stockwerken. Die Fensterfront gibt einen Einblick in das Treiben unter Wasser. Wir sehen viele verschiedene Fische mit guten Erklärungen.

Besonders begeistert uns ein Schwarm von Sardinen, der als sich ständig verformende Wolke seine Runden zieht. Ich finde es faszinierend zu sehen, wie sich die vielen Fische in Sekundenbruchteilen verständigen, sich teilen, andere Wege gehen, und doch immer wieder zuverlässig zusammenfinden. Es ist wunderschön anzuschauen.

Es gibt noch weitere Becken, die über große Fenster und ausgeklügeltem Lichteinfall einsehbar sind, z.B. das Outer Bay Becken, wo wir unter anderem große Mondfische beobachten können. Auch hier verbringen wir viel Zeit und lassen uns von den schwebend vorbeiziehenden Meerestieren verzaubern.

Eine Abteilung mit dem verheißungsvollen Namen “Tentakeln” erzeugt gleichermaßen Neugier und Gruseln. Wir schauen uns die leuchtenden Farben der Quallen an, sind aber froh, dass wir uns auf der anderen Seite der Glasscheibe befinden.

Über den Tag verteilt gibt es kurze Präsentationen und Videos über ausgewählte Themen, die von Mitarbeitern des Aquariums gehalten werden. Wir schauen uns zwei solcher Vorträge an und sind wieder einmal beeindruckt von der didaktischen Qualität und der Begeisterung, die die Menschen auf dem Podium für ihre Arbeit ausstrahlen. An diesem Ort hätte ich auch gerne Biologie studiert!
Im Vergleich zu unserem Besuch vor 20 Jahren hat sich die Grundthematik im Aquarium verändert. Es sind große Ausstellungen dazu gekommen, die sich mit der CO2-Produktion und dem Klimawandel beschäftigen. Wir lernen, dass 50% des Luftsauerstoffs vom Meeresplankton produziert wird. Der durch Menschen verursachte Anstieg der CO2-Produktion macht diesen Sauerstoff-Fabriken Probleme. Die langfristigen Auswirkungen sind völlig unklar. Ein weiteres Thema ist die Verschmutzung der Meere durch Plastik, das eindrucksvoll mit Schauwänden präsentiert wird. Einer der Vortragenden, den wir sehen, gibt einen flammenden Appel für die Reduktion der Plastik-Produktion und Nutzung. Mit einem schlechten Gewissen müssen wir an unser derzeitiges Nomaden-Leben in preisgünstigen Motels denken, wo Einmal-Geschirr aus Plastik leider der Standard ist.
Nach einem spannenden und eindrucksvollen Tag im Aquarium verlassen wir den Ort wieder einmal mit der Erkenntnis, wie empfindlich das Gleichgewicht der Natur auf unserem Planeten ist, und wie sehr es unseren Schutz braucht.